Geheimcode
Sagenumwoben, gefürchtet, von manchen bereits ad acta gelegt: der Geheimcode für qualifizierte Arbeitszeugnisse bzw. in selbigen. Damit ist die Technik der Verklausulierung gemeint, der Zeugnisaussteller schreibt etwas anderes als er meint. Dass diese Art der Arbeitszeugnis-Formulierung überhaupt existiert, liegt daran, dass es im deutschsprachigen Raum gesetzlich verboten ist, eine offen negative Wortwahl oder gar vernichtende Formulierung zu treffen. Kritik kann allenfalls indirekt angebracht werden.
Dies gilt für ein qualifiziertes Arbeitszeugnis für einen Topmanager, eine Führungskraft, eine Projektleiterin, einen Meister ebenso wie für einen Sachbearbeiter, einen Facharbeiter oder eine Sekretärin. Arbeitszeugnisse aus allen Berufen und allen Hierarchieebenen sind hier gleichermaßen betroffen. Selbst ein Vorstand oder Geschäftsführer ist hier nicht gefeit. Zwar wird man anerkennen, dass im Allgemeinen Zeugnisse für diese Topmanager nicht wirklich karriererelevant in dem Sinne sind, dass sie ein aktives Karrieretool darstellen. Sie dienen lediglich als Referenz, man erwartet schlichtweg ein positives Zeugnis. Aber es gibt keinen Beruf und keine Führungsebene, deren Arbeitszeugnisse nach Sonderregeln verfasst werden.
Freilich verschieben sich die Mittel, Kritik anzubringen. Es gilt hier nicht nur die berühmt-berüchtigte Formulierung "… bemühte sich stets redlich…", sondern es gibt viele weitere subtile Formulierungen oder Techniken, Negatives auszudrücken. Ob der Arbeitgeber einfach keine guten Zeugnisse schreiben, formulieren oder offiziell erstellen konnte oder offen bösartig nachtritt, ist im Ergebnis unerheblich.
Auch das Interpretieren von Arbeitszeugnissen ist nicht frei von Mehrdeutigkeiten. Kein noch so detaillierter Arbeitszeugnischeck kann verhindern, dass Zeugnisse manchmal falsch ausgelegt werden. Es gibt sogar Stimmen, die behaupten, dass sich vor jenen Jahren im Wirtschaftswunder die Personalchefs wichtiger deutscher Unternehmen zusammengefunden und einen Geheimcode entworfen hatten. Das klingt in der Tat abenteuerlich. Doch ob es nun eine Absprache zwischen Personalchefs wichtiger Unternehmen über bestimmte verdeckte Formulierungen gibt oder nicht, es ist inzwischen ein Reigen von Geheimcode-Formulierungen weithin bekannt.
Wir haben für Sie die drei wesentlichen Formen der Geheimcode-Formulierung zusammengestellt, die Ihnen als Muster oder Beispiel zur Beurteilung eines Arbeitszeugnisses dienen mag. Wenn Sie einen unserer Services nutzen, können Sie sich hier vorab erste Information und Hilfe holen, damit Sie Ihre Fragen möglichst präzise stellen können.
Im folgenden stellen wir Ihnen einige gängige Formulierungen vor:
Verschlüsselungstechniken I
Verschlüsselungstechniken II
Verschlüsselungstechniken III
Verschlüsselungstechniken I
Wir beginnen mit Techniken, die weniger Verschlüsselung im klassischen Sinne darstellen
als eher Vernebelungs- und Verschleppungstaktiken des Zeugnisausstellers:
- Der Zeugnisaussteller versucht, dem Arbeitnehmer, also Ihnen, ein qualifiziertes
Zeugnis zu verweigern und bietet ihm stattdessen ein einfaches Zeugnis an.
- Er wählt in einem qualifizierten Arbeitszeugnis Formulierungen, die mehrdeutig ausgelegt
werden können und handelt problematische Beurteilungskategorien so knapp
wie nur möglich ab.
- Wenn er im Nachhinein bemerkt, dass er unwahre negative Aussagen im Zeugnis getroffen
hat, so versucht er als leidlich fairer, aber sehr fauler ehemaliger Vorgesetzter,
den aktuellen Arbeitgeber des Zeugnisempfängers darüber aufzuklären, z.B. per Post
oder Telefon. Das hilft dem Arbeitnehmer - also Ihnen - aber allenfalls für diese eine
Stelle weiter, da das Zeugnisdokument, welches ein Leben lang und somit auch für
weitere Bewerbungen gültig ist, unverändert bleibt.
- Er versucht, Ihr Zeugnis zu widerrufen. Wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben
sind, z.B. schwerwiegende Unrichtigkeiten, ist das möglich. Achtung: schwebende
Verfahren und nicht eindeutig bewiesene Tatbestände gehören nicht dazu. Beraten
Sie sich als klagewilliger Zeugnisempfänger zuerst mit einem erfahrenen Rechtsanwalt.
Doch es gibt für zeugnisausstellende Vorgesetzte noch eine weitere Möglichkeit, sich achtbar aus der Affäre zu ziehen: Sie können auf ein Register wohlklingender Formulierungen zurückgreifen, die etwas leicht oder auch ganz Anderes aussagen, als sie eigentlich, im landläufigen oder wörtlichen Sinn, aussagen. Die Rede ist hier vom sogenannten 'Geheimcode'.
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Verschlüsselungstechniken II
Der Einsatz der gewissen, zum Geheimcode gehörenden Formulierungen will auch von böswilligsten Zeugnisausstellern wohl überlegt sein. Viele Standardcodierungen sind mittlerweile in Büchern und dem Internet - nicht zuletzt auf dieser Site - nachzulesen und daher vor Gericht durchaus anfechtbar. Dennoch gibt es dreiste Zeugnisaussteller, die Ihnen durch den Einsatz dieser Formulierungen Schaden zufügen können.
Über den sogenannten 'Geheimcode' ist viel geschrieben worden. Dies vorweg: Die meisten Experten gehen davon aus, dass es einen wirklichen Geheimcode nicht gibt. Das wird schon darin deutlich, dass mittlerweile eine beachtliche Anzahl von verklausulierten Formulierungen bekannt ist, der 'Geheimcode' also keinesfalls mehr geheim sind.
Subtiler sind da schon ausgefeiltere Verschlüsselungstechniken, die Außenstehenden, also vornehmlich Zeugnisempfängern, nicht in der erforderlichen Tiefe bekannt sind. Sie sind schwerer zu erkennen, weil man sie nicht in jedem Ratgeber einfach nachlesen kann, sondern sie sich ausschließlich und teilweise nur implizit aus dem Zeugniskontext heraus erschließen lassen.
Die 7 beliebten Verschlüsselungstechniken sind:
- Notwendiges fehlt: Bei der Chefsekretärin fällt der Hinweis zur Selbständigkeit unter den Tisch, bei der Führungskraft fehlt jeglicher Hinweis auf das Vertrauensverhältnis zu seinen Untergebenen, beim Verkäufer das Verhältnis zu seinen Kunden, usw.
- Entwertungen: Mitarbeiter können dadurch abgewertet werden, indem man unwichtige Aufgabenbereiche besonders betont oder unwichtige Aufgaben zuerst benennt.
Wenn z.B. der Einkäufer für "Büromaterial, Werkzeuge und Maschinen" zuständig war, dann klingt dies anders als die Zuständigkeit für "Maschinen, Werkzeuge und
Büromaterial". Ebenso kritisch ist eine Nennung der Verhaltensmerkmale vor der Leistung.
- Betonte Selbstverständlichkeiten: Wenn Nebensächlichkeiten und Selbstverständlichkeiten, wie z.B. das gepflegte Äußere eines Firmenrepräsentanten, besonders
hervorgehoben werden, ist Misstrauen angesagt.
- Einschränkungen: Formulierungen wie "Bei uns galt er als Experte"‚ oder "Im Fachverband X schätzte man ihre Kompetenz" (anderswo allerdings nicht) sind typische
Beispiele hierfür.
- Mehrdeutigkeiten: Sie sind die am schwersten zu entdeckende und zu verifizierende Verschlüsselungstechnik. Hier einige Beispiele: Wird von der beurteilten Person nur
im Passiv gesprochen ("wurde versetzt..., ...wurde damit betraut..., ...wurde (dann) von uns eingesetzt in..."), so kann dies auf einen passiven Mitarbeiter hinweisen -
vielleicht aber manifestiert sich darin nur das ungeschickte Deutsch des Zeugnisausstellers.
Aussagen, die eine eindeutige und am allgemeinen Maßstab orientierte Beurteilung vermissen lassen, sind grundsätzlich mit Vorsicht zu behandeln: "...die ihm
eigene Genauigkeit... die für sie typische Vorgehensweise ... sprechen für sich selbst". Vorsicht auch vor Formulierungen, die eine Bereitschaft ausdrücken, aber
nichts über den Erfolg aussagen, und vor nicht eindeutig positiv oder negativ besetzten oder genauer definierten Adjektiven u. Adverbien wie z.B. "...anspruchsvoll, kritisch,
leistungswillig, kommunikationsbereit...".
- Verneintes Gegenteil: "..nicht unbedeutende Ergebnisse..., ...nicht unerhebliche Erfolge..., ...war nicht zu beanstanden" sind typische Beispiele für diese Technik.
- Knappheit: Wer kennt nicht Goethes Spruch "Mach's kurz, am jüngsten Tag ist's nur ein..."? Dies gilt nicht für Arbeitszeugnisse, erst recht nicht für Zeugnisse von Führungskräften. Sehr knappe Zeugnisse erwecken den Eindruck, dass etwas versteckt werden soll.
Bitte beachten Sie: Ein Arbeitszeugnis ist immer im Zusammenhang zu lesen und zu interpretieren, egal ob es für eine Führungskraft oder einen Spezialisten aufgesetzt wurde. Formulierungen, die man isoliert betrachtet, korrespondieren möglicherweise mit dem Geheimcode oder anderen negativ klingenden Wörtern, ohne dass diese einzelnen Stellen jedoch zwingend die Zeugnisnote verschlechtern. Bis auf ganz wenige Ausnahmen, etwa Signalwörter wie beispielsweise "Geselligkeit" oder "Einfühlungsvermögen", wird der Geheimcode immer erst im Gesamtzusammenhang des Zeugnisses wirksam.
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Verschlüsselungstechniken III
Kommen wir nun zu konkreten Formulierungen ('Phrasen') , die sich in der gängigen Fachliteratur als Standardphrasen etabliert haben.
Doch Vorsicht: Nicht immer bedeuten diese Formulierungen im jeweiligen Kontext wirklich etwas Negatives. Bedenklich wird es vor allem dann, wenn sie einzeln erscheinen und nicht näher spezifiziert werden. So kann z.B. ein Arbeitnehmer durchaus mit "Fleiß und Interesse" bei der Sache sein, was sich in "glänzenden Ergebnissen widerspiegelt". Erst wenn der letzte Zusatz fehlt, ist Misstrauen angesagt, deckt sich die Formulierung mit der codierten Aussage.
Und selbst dann ist es nicht gesagt, dass hier Willkür vorliegt. Vielleicht war der Zeugnisaussteller ungeschickt und hatte einfach kein Gespür für die Doppel- und Feinsinnigkeiten der deutschen Zeugnissprache.
Wichtige Standardphrasen:
- Formulierung
Sie hat alle Arbeiten mit großem Fleiß und Interesse erledigt.
= Sie war zwar möglicherweise fleißig und interessiert, aber nicht erfolgreich.
- Formulierung
Er machte sich stets mit großem Eifer an die ihm übertragenen Aufgaben.
= Er war zwar sehr eifrig, aber sein Erfolg ließ zu wünschen übrig.
- Formulierung
Sie hatte/zeigte stets Verständnis für ihre Arbeit.
= Sie leistete keine gute Arbeit.
- Formulierung
Er war stets (nach Kräften) bemüht, die Arbeiten zu unserer vollen Zufriedenheit zu erledigen.
= Mühe allein genügt nicht - Erfolge müssen her, und die hat er nicht gebracht.
- Formulierung
Die Aufgaben, die wir ihr übertrugen, hat sie zu unserer Zufriedenheit erledigt.
= Sie erledigte wirklich nur die Aufgaben, die man ihr explizit auferlegte. Ansonsten blieb sie passiv, war also allenfalls Durchschnitt.
- Formulierung
Sie erledigte alle Aufgaben pflichtbewusst und ordnungsgemäß.
= Sie war zwar pflichtbewusst, es mangelte ihr jedoch an Initiative.
- Formulierung
Er arbeitete mit größter Genauigkeit.
= Er war ein erbsenzählender, langsamer und unflexibler Pedant.
- Formulierung
Sie verstand es, alle Aufgaben stets mit Erfolg zu delegieren.
= Sie drückte sich vor der Arbeit, wo sie nur konnte.
- Formulierung
Die angebotenen Leistungen lagen stets im Bereich seiner Fähigkeiten.
= Seine Fähigkeiten waren sehr schlecht, weshalb er dem Unternehmen nichts brachte.
- Formulierung
Sie hat unseren Erwartungen im Wesentlichen entsprochen.
= Ihre Leistungen waren schlichtweg mangelhaft.
- Formulierung
Sie zeigte sich den Belastungen gewachsen.
= Sie war nicht besonders, allenfalls ausreichend belastbar.
- Formulierung
Er war seinen Mitarbeitern jederzeit ein verständnisvoller Vorgesetzter.
= Er war nicht durchsetzungsfähig und besaß keine Autorität.
- Formulierung
Sie koordinierte die Arbeit ihrer Mitarbeiter und gab klare Anweisungen.
= Sie beschränkte sich auf Anweisen und Delegieren.
- Formulierung
Sein Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten war stets vorbildlich.
= Er hatte Probleme mit seinen Vorgesetzten, weil diese im Satz erst nach den Kollegen erwähnt werden.
- Formulierung
Er hat alle Aufgaben zu seinem und im Interesse der Firma gelöst.
= Er beging Diebstahl und/oder schwere andere schwere Unkorrektheiten.
- Formulierung
Sie war sehr tüchtig und wusste sich gut zu verkaufen.
= Sie war eine impertinente Wichtigtuerin.
- Formulierung
Im Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten zeigte er durchweg eine erfrischende Offenheit.
= Er war immer sehr vorlaut.
- Formulierung
Durch ihre Geselligkeit/ihre gesellige Art trug sie zur Verbesserung des Betriebsklimas bei.
= Sie neigt zu übertriebenem Alkoholgenuss.
- Formulierung
Für die Belange der Belegschaft bewies er stets (großes) Einfühlungsvermögen.
= Er flirtete heftig und war ständig auf der Suche nach Sexualkontakten.
- Formulierung
Für die Belange der Mitarbeiter hatte sie ein umfassendes Verständnis.
= Sie war homosexuell bzw. lesbisch.
- Formulierung
Seine umfangreiche Bildung machte ihn stets zu einem gesuchten Gesprächspartner.
= Bildung hin oder her - er war geschwätzig und führte lange Privatgespräche im Dienst.
- Formulierung
Sie trat sowohl innerhalb als auch außerhalb unseres Unternehmens engagiert für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen ein.
= Sie war im Betriebsrat tätig bzw. sie hat sich gewerkschaftlich betätigt.
- Formulierung
Seine Auffassungen wusste er intensiv zu vertreten.
= Er besaß ein übersteigertes Selbstbewusstsein.
- Formulierung
Sie zeichnete sich insbesondere dadurch aus, dass sie viele Verbesserungsvorschläge zur Arbeitserleichterung machte.
= Die Vorschläge waren aber nicht erfolgreich, denn von einer Umsetzung ist hier nicht die Rede.
- Formulierung
Er setzte sich im Rahmen seiner Fähigkeiten ein.
= Seine Leistungen waren aber dennoch unzureichend.
- Formulierung
Sie verfügte über Fachwissen und ein gesundes Selbstvertrauen.
= Sie überspielte geringes Fachwissen mit einer großen Klappe.
- Formulierung
Wir bestätigen gerne, dass er mit Fleiß, Ehrlichkeit und Pünktlichkeit an seine Aufgaben herangegangen ist.
= Ihm fehlte die fachliche Qualifikation.
- Formulierung
Vorgesetzten und Mitarbeitern gegenüber war sie durch seine aufrichtige und anständige Gesinnung eine angenehme Mitarbeiterin.
= Ihr mangelte es an Tüchtigkeit.
- Formulierung
Er hat an allen ihm gestellten Aufgaben mit großem Fleiß gearbeitet.
= Leider hatte er dabei nie Erfolg.
- Formulierung
Die ihr gemäßen Aufgaben...
= Die anspruchslosen Aufgaben...
- Formulierung
Im Kollegenkreis galt er als toleranter Mitarbeiter.
= Gegenüber den Vorgesetzten war er dies nicht.
- Formulierung
Wir lernten sie als umgängliche Kollegin kennen.
= Viele sahen sie lieber gehen als kommen.
- Formulierung
Aufgrund seiner anpassungsfähigen und freundlichen Art war er im Betrieb sehr beliebt.
= Alkoholprobleme während der Arbeitszeit.
- Formulierung
Neue Aufgaben betrachtete sie als Herausforderung, der sie sich mutig stellte.
= Sie hatte aber keinen Erfolg.
- Formulierung
Er hatte Gelegenheit, sich das notwendige Fachwissen anzueignen.
= Er nutze die Gelegenheit jedoch nicht.
- Formulierung
Bei unseren Kunden war sie schnell beliebt.
= Sie machte schnell Zugeständnisse.
- Formulierung
Bei allen auftretenden Problemen war er stets kompromissbereit.
= Er war besonders nachgiebig.
- Formulierung
Unsere besten Wünsche begleiten sie / Wir wünschen ihr für die Zukunft alles nur erdenklich Gute / Wir wünschen ihr alles Gute, vor allem Gesundheit.
= Die Gegenwart und Vergangenheit waren offenbar nicht von Erfolg bestimmt.
- Formulierung
Wir wünschen ihm für den weiteren Weg in einem anderen Unternehmen viel Erfolg.
= Möge er dort den Erfolg haben, der ihm hier versagt geblieben ist.
- Formulierung
Wir wünschen ihm auf seinem künftigen Lebensweg viel Erfolg.
= Er hatte bisher wenig Erfolg.
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Weitere Informationen gibt es hier:
+++ Alle Geheimcode-Informationen finden Sie auch unter www.arbeitszeugnisse.de